The Mercury Theatre on the Air (ursprünglicher Name First Person Singular) ist eine Serie von zweiundzwanzig Hörfunksendungen mit Live-Hörspielen von Orson Welles, die 1938 im US-amerikanischen Rundfunk ausgestrahlt wurden.
Fakten
Die wöchentlich einstündige Radiosendung präsentierte klassische literarische Werke, die von Welles berühmter Theatergruppe Mercury Theatre aufgeführt wurden. In den Hauptrollen waren Orson Welles, William Alland, Edgar Barrier, Ray Collins, Joseph Cotten, George Coulouris, Arlene Francis, Alice Frost, Martin Gabel, Agnes Moorehead, Frank Readick, Elliott Reid, Everett Sloane, Howard Smith, Paul Stewart, Karl Swenson, Virginia Welles, Richard Wilson und Eustace Wyatt zu hören.
Die Radiosendungen starteten am 11. Juli 1938 im CBS Radionetzwerk und wurden zunächst montags um 21 Uhr Ortszeit ausgestrahlt. Ab 11. September 1938 war die Serie dann sonntags um 20 Uhr Ortszeit zu hören. Die letzte Sendung von The Mercury Theatre on the Air fand am 4. Dezember 1938 statt. Die Serie wurde ab 9. Dezember 1938 durch The Campbell Playhouse abgelöst.
Als Eröffnungsmelodie der Radiosendungen war das 1. Klavierkonzert op. 23 in b-Moll von Pjotr Iljitsch Tschaikowski zu hören, die restliche Musik wurde von Bernard Herrmann komponiert oder arrangiert.
Die Hörspiele wurden von Orson Welles, John Houseman und Howard Koch geschrieben, Regie führten Orson Welles und Paul Stewart. Produziert wurden die Sendungen von John Houseman, Orson Welles und Paul Stewart.
Die Folge „The War of the Worlds“ vom 30. Oktober 1938 wurde, aufgrund der Massenpanik, die sie unbeabsichtigt auslöste, eine der berühmtesten Sendungen in der Geschichte des Radios. Nach den Schlagzeilen auf den Titelseiten der Zeitungen, die diese Sendung erhalten hatte, wurde Campbell Soup Sponsor der Hörspielserie.
Geschichte
Nach den Theatererfolgen des Mercury Theatre im Jahre 1937 lud das CBS Radio Orson Welles ein, im Sommerprogramm 1938 eine dreizehnwöchige Hörspielreihe zu gestalten. Die Serie startete am 11. Juli 1938 zunächst unter dem Titel First Person Singular, ein Titel, der zum Ausdruck bringen sollte, dass Orson Welles in jeder Folge der Hörspiele die Hauptrolle spielen würde. Einige Monate später wurde die Hörspielserie dann in The Mercury Theatre on the Air umbenannt.
Paul Holler beschreibt in der Zeitschrift Critique die Anfänge der Hörfunksendung wie folgt:
„Radio, mit seiner Fähigkeit, die Phantasie anzuregen und das Publikum sogar in den kreativen Prozess einzubeziehen, hat großes Potential als Medium für wirkliche Dramatik. Es schien unvermeidlich, dass der Tag kommen würde, an dem dieses Medium, das Orson Welles im ganzen Land bekannt gemacht hatte, Teil seiner weiteren Theaterambitionen werden würde. Dieser Zeitpunkt kam 1938.
In diesem Jahr wandte sich CBS, die sich an seine Bearbeitung von Les Misérables im Jahr zuvor erinnerten, an Welles und Houseman wegen einer Reihe von Hörspielen für ihren Sommerspielplan. Die Idee war eine Reihe von Erzählungen unter dem Titel „First Person Singular“. Die Serie würde aber unter ihrem zweiten Namen The Mercury Theatre on the Air in Erinnerung bleiben.
Wie schon im vorangegangenen Jahr bei Les Misérables, erhielt Welles von der CBS völlig freie Hand bei der künstlerischen Gestaltung der neuen Serie. Die Auswahl, die er bei der Entwicklung der Serie traf, war von dem geprägt, was er in den vergangenen Jahren in anderen Hörspielen gelernt hatte. An erster Stelle stand, Hörspiele speziell für das Radio zu entwickeln und nicht einfach Schauspiele aus der Produktion des Mercury Theatre für das Radio zu adaptieren. In enger Zusammenarbeit mit John Houseman und anderen Autoren schrieb, leitete und spielte Welles in seinen Produktionen. Das Endergebnis war eine Reihe von Schauspielen, die auf literarischen und nicht auf dramatischen Werken basierten. Es gab Ausnahmen, vor allem Unsere kleine Stadt von Welles früherem Mentor Thornton Wilder. Aber es war für Welles und Houseman klar, dass das Medium Radio die Erzählung einer Geschichte viel besser unterstützte als seine Dramatisierung. Aus diesem Grund waren einige der bemerkenswertesten Produktionen des Mercury Theatre on the Air Adaptionen großer Romane: Die Abenteuer des Huckleberry Finn, Eine Geschichte aus zwei Städten, Herz der Finsternis und andere bedeutende literarische Werke wurden dem Radiopublikum im Verlauf der Serie Mercury Theatre on the Air präsentiert.“
Bezüglich der Soundeffekte hatte Orson Welles eine besondere Herausforderung für das Soundeffekt-Team von CBS, berichtete The New Yorker. „Seine Sendungen erforderten alle möglichen noch nicht gehörten Effekte, und er war mit nichts weniger als Perfektion zufrieden.“ Für die erste Episode, „Dracula“, suchte das Soundteam nach dem perfekten Klang eines Pfahls, der durch das Herz des Vampirs getrieben wird. Sie legten, zu Welles Genehmigung, zuerst einen Wirsingkohl und einen geschärften Besenstiel vor. „Viel zu blättrig“, befand Welles. „Bohren Sie ein Loch in den Kohlkopf und füllen Sie ihn mit Wasser. Wir brauchen Blut.“ Als das Klangexperiment Welles auch nicht zufrieden stellte, überlegte er eine Weile und bat um eine Wassermelone. The New Yorker rekapituliert das Ergebnis: „Welles trat aus der Regiekabine, ergriff einen Hammer und hieb auf die Melone. Selbst das Studiopublikum erschauerte bei dem Klang. In dieser Nacht machte er Millionen von Zuhörern im ganzen Land Albträume mit dem, was, obwohl es mit einer Melone und einem Hammer erzeugt wurde, zweifellos das Geräusch war, das ein Pfahl erzeugt, der das Herz eines untoten Körpers durchbohrt.“
Als die zweite Theatersaison des Mercury Theatre im Jahr 1938 begann, konnten Orson Welles und John Houseman die „Mercury Theatre on the Air“-Sendungen nicht mehr selbst schreiben. Für „Hell on Ice“ (9. Oktober 1938), die 14. Episode der Serie, stellten sie Howard E. Koch ein, dessen Erfahrung mit einem Stück des Federal Theatre Project in Chicago ihn dazu gebracht hatte, seine Anwaltskanzlei zu verlassen und nach New York umzuziehen, um Schriftsteller zu werden. Statt eines anständigen Gehalts erhielt Koch von Houseman die Rechte an jedem Drehbuch, an dem er arbeitete – zu seinem buchstäblichen Glück auch an „Der Krieg der Welten“. Bereits nach fünf Monaten verließ Koch die Hörspielserie für ein Engagement in Hollywood. Sein letztes Skript war „The Glass Key“ (10. März 1939), das bereits für die Nachfolgeserie The Campbell Playhouse geschrieben wurde.
Episoden
Auszeichnungen
Die Radiosendung The Mercury Theatre on the Air wurde 1988 in die National Radio Hall of Fame aufgenommen.
Siehe auch
- Orson Welles
- The Campbell Playhouse
Literatur
- Orson Welles, Peter Bogdanovich, Jonathan Rosenbaum, This is Orson Welles, HarperCollinsPublishers, New York 1992, ISBN 0-06-016616-9.
- John Dunning, On the Air: The Encyclopedia of Old-Time Radio, Oxford University Press, Inc., New York 1998, ISBN 978-0-19-507678-3.
- John Houseman, Run Through: A Memoir, Simon & Schuster, New York 1972, ISBN 0-671-21034-3.
- Richard France, The Theatre of Orson Welles. Lewisburg, Bucknell University Press, Pennsylvania 1977, ISBN 0-8387-1972-4.
- Frank Brady, Citizen Welles, Charles Scribner’s Sons, New York 1989, ISBN 0-684-18982-8.
Weblinks
- The Mercury Theatre on the Air bei www.mercurytheartre.info
- The Mercury Theatre on the Air bei www.bornalone.org
Einzelnachweise




